Patrick Fasel, 23.05.2016, Gotteronblog, Freiburger Nachrichten

Nach Moskau, nach Moskau! шайбу шайбу! Schaibu schaibu!




„Il n'y a qu'à aller à Moscou!“ sagte sich schon Jean Martinet vor genau 26 Jahren. Mein Paps und ich erfüllten uns im Mai dieses Jahres einen ebenfalls drei Jahrzente alten Wunsch: Eine Reise nach Moskau, an die Eishockey-WM!

Tickets wurden schon vor Monaten gekauft, die Visa für Russland in einem langwierigen Prozess erfolgreich beantragt. Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Schweizer Franken und einem Russischen Rubel? Ein Schweizer Franken. Scherz beiseite, wir hatten eine richtig geile Zeit in Moskau, sahen viel Eishockey und noch viel mehr dieser ganz tollen Stadt, die wirklich ein wahre Perle ist.

Am Dienstag Vormittag besuchten wir den ZSKA Moskau. Ich wusste, dass es schwer werden würde, da überhaupt reinzukommen. Wie in Russland üblich, hat es vor jedem Klub, Verein, Staatsstelle oder Universität eine Sicherheitskontrolle, wo man ohne Papiere nicht reinkommt. Nicht anders beim Eingang des wohl legendärsten Eishockeyklubs aller Zeiten: Drei Sicherheitsleute gaben mir klar zu verstehen, dass ich ohne Klubkarte oder ohne Einladung hier nichts zu suchen hätte. Ich erklärte ihnen, wir (mein Vater und ich) kämen extra aus der Schweiz, um den Tempel des sowjetischen Eishockeys zu besuchen. Nach langen auf russisch geführten Diskussionen machte einer der Security ein paar Telefonate, und 15 Minuten später stand der Vice CEO mit ausgestreckter Hand vor mir und wollte wissen was wir denn wollen. Er sagte mir, dass immer wieder solch irren Hockeyfans wie wir zwei vor der Halle stünden, der Klub sie aber meist alle abschüttelt (er zeigte gar wie sie es machen, sehr unmissverständlich mit dem Mittelfinger!!!). Dieses Mal aber, so hätte es ihm die Security erzählt, seien zwei Schweizer da, die ihre Bitte sogar auf Russisch vorgetragen hätten, und nicht locker liessen, auf nette Art irgendwie. Er kannte natürlich unsere Heimatstadt und lud uns ein, den Sportkomplex von ZSKA zu besuchen. In den Gängen der Halle steht nämlich ein wunderschönes Museum mit Memorabilia von über fünf Jahrzehnten. Er erklärte mir, dass bis vor kurzem noch das gelbe Fribourg-Leibchen mit der #90 im Schaukasten hing. Als wir vor der Vitrine von Boris Michailov standen, kriegte er einen Anruf und zeigte auf sein Telefon. „Das war eben Michailov, er will Tickets für die WM“ Ich erzählte ihm, ich hätte Michailov letztes Jahr an der U18-WM getroffen und um ein Autogramm gebeten. „He probably yelled at you! - Er schrie dich vermutlich an“. Ganz genau so wars tatsächlich, doch dann machten wir trotzdem ein Foto und der Captain der Sbornaja der 70er zauberte eine Autogrammkarte aus seinem Mantel, welche er dann auch noch für mich unterschrieb.

Vor dem Eingang des Ледовый Дворец ЦСКА, dem ZSKA-Eispalastes, zwei stolze und Weithergekommene zeigen Farbe.

Legendäre Spieler des Klubs zieren die Wände des Eispalastes. Interessanterweise wurde Bykov noch nicht „zurückgezogen“.

Ehrenallee des Klubs: Statuen für Legenden wie Tikhonov, Ragulin, Tretiak, Kharlamov, Fetisov, Tarassov, Ragulin und Michailov.

Hockeymuseum in den Gängen des Eispalastes von ZSKA

Kurz vor der WM eröffnete der Russische Hockeyverband seine Hall of Fame, ein Museum zu Ehren des sowjetischen und russischen Eishockeys. Im ehemaligen Gebäude der Likhacheva Autofabrik präsentiert der Russische Hockeyverband seine Helden von 27 Weltmeister- und 8 Olympiatiteln. Im ersten Stock findet man eine Ruhmeshalle mit Bildern der Legenden des Russischen Eishockeys, im zweiten Stock hat es eine wundervolle Ausstellung über die „Rote Maschine“, wie die Sbornaja in Eishockeykreisen auch genannt wird. In der Ruhmeshalle konnte ich insgesamt fünf Spieler mit Gottéronvergangenheit entdecken: Bykov, Khomutov, Lomakin, Makarov und Khmylev sind allesamt in der Ruhmeshalle verewigt.

Erwähnung von „Фрибург Готтерон” Fribourg–Gottéron in der Ruhmeshalle des Russischen Eishockeyverbandes

5 Mal Weltmeister und Mal Olympiasieger als Spieler, sowie zwei Mal Weltmeister als Trainer : Vyacheslav Bykov

Seit den 90er Jahren in Fribourg zeitlos modisch: Der Khomutov-Scheitel

Film über die lange und erfolgreiche Geschichte des Russischen Eishockeys. Hier Szenen vom ersten Titel unter dem Namen „Russland“

Live-Eishockey stand natürlich auch auf dem Programm. Insgesamt sahen wir vier Spiele, Schweiz-Norwegen, Schweiz-Dänemark, Schweden-Norwegen und als Highlight Russland-Schweiz. Was ich so besonders mag an Hockeyolympiaden und Weltmeisterschaften, ist die tolle Stimmung von den Fans untereinander, gesunde Rivalität und Freude am Hockeysport. Während eines Spieles sass neben mir ein Kasache, der in Finnland und Russland Eishockey-Material von Sherwood vertreibt. Dieser Ilja Smirnoff von Rosenheim erzählte mir, dass er drei Jahre lang in Tentlingen nahe Marly gewohnt habe, ob ich wisse wo dies sei. Ich antwortete Marly sei bis voriges Jahr meine Wohngemeinde gewesen, Zufälle gibts. Ich sass auch neben Ross Mahoney, Chefscout der Washington Capitals, der mal im St.Léonard war während der Playoffserie 2008 gegen Bern, und erinnerte sich an eine kleine 6000er Arena, wo's unglaublich laut wurde... Und während dem Russlandspiel sass ich neben der Mediensprecherin des OK der nächsten Fifa-WM, Irina Baranova. Nebst Kontakte knüpfen traf ich auch ein Pärchen aus Bulle und Riaz: Bernard Mauron und seine Freundin Annie Marchon gehen schon seit 2008 an alle Eishockey-Weltmeisterschaften.

Alexander Ovetschkin während dem Spiel gegen die Schweiz.

Bernard Mauron im „Bredzon“, der Greyerzer Tracht, und seine Freundin Annie Marchon.

Ein Eishockeytraum wurde wahr: ich und mein Paps an einer Eishockey-WM in Russland, magisch !

Die Eisgenossen jubeln gegen Dänemark.

Wir hatten ein wundervolle Zeit, besuchten natürlich auch viele Sehenswürdigkeiten in der Stadt. Auf unserer Hockeystudienreise besuchten wir auch noch das Grab vom Vater des sowjetischen Eishockeys, Anatoli Tarassov, sowie das Grab von Väterchen Viktor Tikhonov.

Grab von Viktor Tikhonov im Vagankovo Cemetary

Moskau zeigte sich von seiner allerschönsten Seite, das Wetter, so kriegte ich zu hören, sei in dieser Woche besser als auf Ibiza! In den Restaurants gab es spezielle russische Menüs für die Hockeytouristen, überall am Fernseher lief ständig Hockey, und in der Stadt liefen viele Fans aller teilnehmenden Nationen im jeweiligen Trikot herum. Zudem war am 9.Mai noch die Parade zur Feier des Sieges über Nazideutschland, sodass sich Moskau wahrlich herausputzte. Als Gamer besuchte ich auch das Soviet Arcard Machine Museum, dort gibt es allerhand alter Spielkasten, unter anderem drei verschiedene Hockeyspiele (eines mit Laser!) sowie Fussball und Basketball. Ich war ja immerhin im Land, das Tetris erfand...
In der Stadt wehten überall IIHF-Fahnen, und Moskau errichtete speziell für die WM zwei Fanzonen, eine im Park der Legenden beim VBT Ice Palace und die andere im berühmten Gorky Park. Dort präsentierte der Unihockeyklub Spartak Moskau den Unihockeysport den vielen Besuchern. Ich nutzte die Gelegenheit und zeigte ihnen wie man einen Breakaway à la Pavel Bure Nagano 98 im Unihockey versenkt.

Wer erinnert sich noch an den Hockeyspieltisch im St. Léonard ?

Wer gut sucht, findet meine Botschaft auf dieser Wand im House of Russian Hockey

Matrioshkas – eine der beliebtesten Souvenirs einer jeden Russland-Reise

Krieg mal anders

Zu guter letzt noch eine gute Nachricht für die Zukunft. Laut diesem tschechischen Fan, den ich, wie könnte es anders sein, in einem Biergarten getroffen habe, ist unser neuer Cervenka Gold wert, zurzeit einer der besten Tschechen auf Kufen.

Eishockey verabschiedet sich in den Sommer, ich freu mich schon auf die nächste Saison.